Reisebericht Bolivien Teil 1: Santa Cruz – Sucre – Potosí – Uyuni
von Tanael Michel
«Hat Bolivien nicht alles, was man sich von einem südamerikanischen Reiseziel nur wünschen kann? Schneebedeckte Andenriesen, Regenwaldgebiete im Amazonas, die spektakulärste Salzwüste der Welt, die tiefblauen Buchten und magischen Inselwelten des Titicacasees, die indigene Hochlandkultur und mit La Paz eine pulsierende Hochlandmetropole voller Kontraste. All das erwartet mich. Ich freue mich riesig. Bolivien ist das Land, das bei mir persönlich das Feuer für Südamerika entfacht hat vor rund 20 Jahren. Es ist die beste Abzweigung, die ich in meinem Leben genommen habe!»
Santa Cruz
Nach einem unkomplizierten Nachtflug von Madrid nach Santa Cruz mit Air Europa landen wir bei Sonnenaufgang in der weiten, etwas trocken anmutenden und mit Termitenhügeln übersäte Ebene, welche die grösste Stadt Boliviens umgibt. Wir verbringen einen Tag in der 2-Millionen Metropole ohne jeglichen Hügel. Es ist brütend heiss und windig. Im Zentrum gibt’s eine prächtige Kathedrale und ein paar nette koloniale Strassenzüge. Doch die meisten älteren Gebäude hätten Termiten und Klima nicht standgehalten, erzählt man mir. Die Stadt liegt zwischen trockener Pampa und feuchten Amazonas-Regenwäldern und ist das wirtschaftliche Zentrum Boliviens. In der Umgebung lohnen sich vor allem ein Besuch der Jesuiten Missionen, die sich auf hunderten Kilometer verteilen und der Amboro Nationalpark mit Samaipata und seinen Inka Ruinen. Für viele ist Santa Cruz bloss das einfachste Tor zum bolivianischen Hochland. Keine andere Stadt Boliviens wird aus Europa direkt angeflogen.
Auch auf meiner Reise steht das Hochland im Mittelpunkt. Da meine Zeit begrenzt ist, spare ich mir die einfachen Lodges im Regenwald des Madidi Nationalparks und Villa Tunari im Amazonasgebiet für die nächste Reise auf.
Sucre
Wir fliegen ins Hochland von Sucre und fahren per Bus durch die Hügel. Am Aussichtspunkt Las Carretas wird uns bewusst, dass wir auf 3700 m Höhe sind, fällt gar nicht so auf, solange man sich nicht anstrengt. Wir besuchen das indigene Dorf Puca Puca, wo uns die Familien etwas von der Webkunst mit Spindeln zeigen und ein Essen mit Saubohnen, Kartoffeln und scharfer Sauce vorbereitet haben. Dazu gibt es Chicha, eine Art Bier aus Mais. Danach fahren wir auf den bekannten Handwerksmarkt in Tarabuco. Aus dem Fenster sehen wir den König der Anden, den Kondor seine Kreise ziehen.
Am Nachmittag kommen wir in Sucre an. Sucre ist die konstitutionelle und offizielle Hauptstadt Boliviens. Sie hat ein überaus charmantes koloniales Zentrum, das zurecht UNESCO Welterbe ist und als eines der besterhaltenen Beispiele südamerikanischer Kolonialarchitektur gilt. Beim Franziskaner Kloster La Recoleta auf dem Cerro Churuquella gibt es einen wunderbaren Blick über die Stadt, in der Schokoladenspezialitäten angeboten werden und in der man im Schatzmuseum viel Interessantes über all die edlen Steine erfahren kann, die in Boliviens Hochlandböden schlummern und abgebaut werden. Wir sind nur kurz hier. Sucre ist ein Ort, der mir sehr gut gefällt und an dem ich mir gut vorstellen könnte auch länger zu bleiben.
Potosí
Am frühen Morgen brechen wir auf und fahren über kurvige Strassen und durch karge Hochtäler hoch in die Stadt der Silberminen, Potosí. Diese Stadt besuche ich zum ersten Mal. Ich bin gespannt. Das war mal die reichste Stadt der Welt. Aber es ist ein Bergbauzentrum auf über 4000 m Höhe. Hässlich soll Potosí sein, habe ich gehört. Aber ich werde positiv überrascht. Die Ecken, die ich sehe, finde ich ganz nett. Wir besuchen die Casa de la Moneda, ein gut erhaltenes Haus wo bis ca. 1900 ein Grossteil der globalen Silbermünzen geprägt wurde. Mein Reiseleiter Roberto, ein aus meiner Sicht sehr angenehmer Begleiter mit fantastischer Bildung und riesigem Allgemeinwissen meint sogar hier gab es industrielle Ansätze weit vor der industriellen Revolution in Europa. Faszinierend! Die Silberminen besuchen wir nicht. Es ist gefährlich. Aber es ist auch gefragt bei Touristen. Viele junge Bergleute riskieren hier Tag für Tag die Gesundheit und ihr Leben in stickigen Minenschächten, wo sie auf eigene Faust sprengen und Erz zu Tage fördern. Im Bus überlege ich mir was denn verwerflicher ist: die Realität der Minenarbeiter aus persönlichen Sicherheitsgründen auszuklammern, oder auf der Suche nach einem besonderen Thrill und einer ausgefallenen Geschichte zum Erzählen gewissermassen zum Spass in einen Stollen zu steigen. Gar nicht so einfach. Aber ich bin überzeugt, dass wer sich genug Zeit nimmt, sich aufrichtig für die Menschen, die keine andere Möglichkeit für sich sehen und ihre Geschichten interessiert, auch fähig ist, einen solchen Minenbesuch respektvoll und erkenntnisreich zu gestalten.
Uyuni
Nach dem Mittagessen fahren wir weiter durch etwas saftigeres Grasland Richtung Etappenziel Uyuni. Unterwegs sehen wir immer wieder Vicuña Herden in der Ferne und besuchen im warmen Licht der Abendsonne einen Kakteenhain. Als wir den Eisenbahnfriedhof von Uyuni erreichen ist nur noch ein roter Streifen Tageslicht am Horizont und am Himmel funkeln die Sterne. Beim letzten Tageslicht bestaunen wir die rund 100 verwitterten Loks und Wagen, mit denen ab Ende des 19. Jahrhunderts bis ca. 1940 Natriumnitrat und Metalle von den Minen zur Verschiffung an den Pazifik befördert wurden.
Wir übernachten im einzigartigen Palacio de Sal bei Colchani direkt am Salzsee. Hier ist fast alles aus Salzquadern gebaut. Zahlreiche Öfen heizen das Hotel angenehm auf gemütliche Temperaturen, das Essen ist vielseitig und lokal inspiriert. Vor der Bettruhe gibt’s noch ein wohltuendes Bad im heissen Innenpool. Dann geht’s direkt ins Bett, denn noch vor dem Sonnenaufgang möchte ich morgen zu meinem grossen Salzsee-Abenteuer aufbrechen…
Lesen Sie auch den zweiten Teil dieses Reiseberichtes:
Bolivien Teil 2: Salzgeschichten, Gondelmetro und die Wiege der Inka
Salzsee Uyuni – La Paz – Sonneninsel im Titicacasee
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P.S.: Weitere Informationen und Tipps zu Bolivien finden Sie hier. In unserem Reiseplaner haben wir einige Reisevorschläge für Bolivien für Sie zusammengestellt.