Reisebericht Bolivien, Teil 2: Salzsee Uyuni – La Paz – Sonneninsel im Titicacasee
von Tanael Michel
Salar de Uyuni
Mein Wecker klingelt früh. Zum Glück war ich nach dem langen Reisetag rasch eingeschlafen, trotz gespannter Vorfreude auf den heutigen Tag und noch ein bisschen Sternegucken. Uns alle erwartet eine aufregende Tour quer durch den aktuell trockenen Salzsee zur Insel Incahuasi und nach Coqueza an den Hängen des Vulkans Tunupa mit interessanten Stopps mitten im «Salz». Die vorgesehene Abfahrtszeit ist human – nach dem Frühstück. Deshalb hatte ich mir am Vorabend ganz spontan noch eine persönliche Challenge für mich selbst überlegt.
Seit ein paar Jahren mache ich gerne 5- oder 10-Kilometerläufe. Normalerweise auf flachem Terrain, zum Beispiel dem Limmatufer entlang. Nicht sonderlich schnell, aber regelmässig, so gut es geht. Der Salar de Uyuni liegt auf 3653 Metern über Meer und damit der höchste Ort, an dem ich bis dahin gelaufen wäre. Dafür ist er komplett flach. Es gibt also keine mühsamen Steigungen. Dafür aber ein paar andere zusätzliche Herausforderungen, wie ich bald merke. Eingepackt in mein Schweizer «Winter-Jogging-Outfit» bestehend langärmliger Thermofunktionswäsche stehe ich um 5 Uhr früh am Ausgang des Palacio de Sal.
Es ist noch fast komplett dunkel. Die Idee ist, 5 Kilometer in gemütlichem Tempo in den Salzsee zu laufen, Fotos mit dem Handy schiessen, während die Sonne aufgeht. Der Start ist etwas holprig. Ich mache keinen Umweg bis zur Piste, wo die Geländewagen auf den See fahren, sondern steche direkt neben dem Hotel «in See». Bis ich endlich auf eine schön weisse Salzfläche gelange vergeht sicher ein Kilometer mit unbequemem – da unebenem – Mix aus gefrorenem Schlamm und Salz voller Reifenspuren.
Es ist bitterkalt. Das hatte ich unterschätzt. Handschuhe habe ich keine mit auf die Reise genommen. Nach drei Fotos kommt das Handy rasch zurück in die Hosentasche. Aber es ist die Mühen wert und ein einzigartiges Erlebnis. Noch in der Halbdunkelheit der Dämmerung kann ich die wundersamen Salzstrukturen sehen. Ich lasse mich hinreissen von der unglaublichen Ruhe in dieser Weite. Langsam trabe ich weiter hinein in den See. Dann erscheint die Sonne. Ich bin gerade an einem Ort angekommen, wo es sprudelnde Wasserstellen gibt und auch die Jeeps mit Touristen stoppen. Jetzt ist aber noch niemand da. Ich mache noch ein paar Fotos und nehme dann eine leicht gebogene Route zurück Richtung Palacio de Sal. Also ich dort ankomme, ist die Sonne da und die bissige Kälte einer angenehm wohligen Wärme gewichen.
Nach einer warmen Dusche und einem üppigen Frühstück geht es im Konvoi mit drei Geländewagen zuerst nach Colchani in eine Salzwerkstatt und dann direkt auf den Salzsee. Wir halten kurz bei der Plaza de las Banderas, direkt bei dem schon seit über 20 Jahren verlassenen ersten Salz-Hotel von Uyuni, Playa Blanca. Es wurde wegen Misswirtschaft und Umweltverschmutzung permanent geschlossen. Von hier geht es weiter zum allseits beliebten Fotostopp für Spielchen mit Blickwinkel und Perspektiven mitten im Nirgendwo. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, wenn man die Guides etwas fordert und sich nicht mit einem «Godzilla-Bild» zufrieden gibt.
Fürs Mittagessen werden aus dem Begleitfahrtzeug Tische, Sonnenschirme und eine kleine Auswahl an lokalen Spezialitäten gezaubert. Ein unglaubliches Setting. Alleine reisend wäre mir das zu viel. So in einer 12er-Gruppe ist es aber ganz nett.
Die Insel Incahuasi (Quechua für Haus des Inka) ist eine Erhebung im Salar de Uyuni. Eigentlich eine Insel, umgeben von einer 70 bis 121 Meter dicken Salzschicht anstelle von Wasser. Auf der Insel gibt es hunderte, bis zu 10 Meter hohe Säulenkakteen, die bis zu 1’200 Jahren alt sein sollen. Wir erklimmen den mit 100 Metern höchsten Punkt der Insel auf einem mittel-anstrengenden Rundgang. Die Mühen werden durch unvergessliche Ausblicke und magischer Stimmung belohnt.
Wir besuchen noch ein sehr altes Grab mit gut erhaltenen Mumien an den Hängen des Vulkans Tunupa oberhalb der Ortschaft Coqueza. Unterwegs treffen wir grosse Lama-Herden und auch ein paar einzelne Flamingos. Danach geniessen wir auf halbem Weg zurück ins Hotel pünktlich zum Sonnenuntergang nochmals einen Apero mitten in der Salzwüste.
La Paz
Am nächsten Morgen fliegen wir nach La Paz. Aus meiner Sicht eine hochinteressante Stadt, vielleicht eine der spannendsten Südamerikas. Die Topografie, das Klima, der politische Zündstoff und der kulturelle Mix sind schlicht faszinierend. Als ich die Stadt vor 20 Jahren besuchte, gab es noch keine Alternativen zu den gewundenen Hauptstrassen zwischen El Alto, dem Stadtteil oben auf dem Hochplateau, wo auch der Flughafen liegt, und La Paz im Talkessel daneben. Jetzt gibt es «Mi Teleférico» mit einem modernen Netz von 10 Gondelbahn-Linien auf total 33 Kilometern Gesamtlänge. Was für ein geniales Erlebnis, direkt nach Ankunft oben der Krete entlang und dann steil hinunter in den Talkessel einmal quer über die Dächer der Stadt zu gondeln! Im Zentrum gibt es ein paar gute Museen, koloniale Strassen und den berühmten Hexenmarkt; im Süden der Stadt das Tal des Mondes und das moderne Business- und Wohnviertel Calacoto mit schicken Restaurants und Hotels.
Isla de Sol, Lago Titicaca
Von La Paz unternehmen wir noch einen Abstecher für zwei Tage und mit einer Übernachtung auf die Sonneninsel im Titicacasee. Dies ist nun wirklich eine Rückkehr zu den Wurzeln. Als ich sein tiefes Blau hinter dem schilfbestanden Ufer sehe, fühle ich mich sofort wie auf meiner ersten Reise zu diesem See. Von Copacabana aus geht es per Boot auf die Sonneninsel, nach der Legende die Wiege der Inka. Hier befinden sich viele Schreine und heilige Tempel. Das Hotel Ecolodge La Estancia ist der perfekte Ort, um das Ambiente der grössten Insel im Titicacasee und einen magischen Sternenhimmel hautnah zu erleben.
Für mich ist nach dieser viel zu kurzen Reise klar, dass ich, sobald die Zeit dafür gekommen ist, unbedingt zusammen mit meiner Familie an den Titicacasee zurückkehren möchte – an den Ort der besten Abzweigung meines Lebens.
Lesen Sie auch den ersten Teil dieses Reiseberichtes:
Bolivien Teil 1: Von Schätzen im und über dem Boden
Santa Cruz – Sucre – Potosí – Uyuni
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P.S.: Weitere Informationen und Tipps zu Bolivien finden Sie hier. In unserem Reiseplaner haben wir einige Reisevorschläge für Bolivien für Sie zusammengestellt.