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Zwei Generationen im Interview mit Travelnews

Nach dem Generationenwechsel bei Latin America Tours gibt Alessandra Rüfenacht im Interview mit Travelnews gemeinsam mit ihrem Vater Reto D. Rüfenacht spannende Einblicke in die Herausforderungen und Trends der Lateinamerika-Reisen – vom Kolumbien-Boom über Costa Ricas Preissteigerungen bis zu Kubas Versorgungskrise.

Dieser Artikel wurde auf travelnews.ch veröffentlicht, dem Newsportal für Reisen und Tourismus.

Latin America Tours, Alessandra und Reto Rüfenacht im Gespräch mit Travelnews
Alessandra Rüfenacht bei der Laguna Las Torres, El Chalten, Patagonien, Argentinien, Latin America Tours

Alessandra Rüfenacht übernahm im Januar 2024 die Geschäftsführung von Latin America Tours und führt das Unternehmen seither gemeinsam mit einem erfahrenen Management-Team, zu dem auch der langjährige Operations Director Tanael Michel zählt.

Alessandras Vater Reto D. Rüfenacht, unter dessen Führung das Familienunternehmen durch umfassendes Destinationswissen und ein eingespieltes Team zu einem der profiliertesten Lateinamerika-Spezialisten geworden ist, hat die operative Leitung damit an die nächste Generation übergeben.

Im Gespräch mit Travelnews sprechen Alessandra und Reto D. Rüfenacht über die Herausforderungen der Übergabe, die aktuelle Marktlage und die Visionen für die Zukunft.

Alessandra, du hast zu Jahresbeginn die Geschäftsführung von deinem Vater übernommen. Wie verlief der Wechsel für dich?

Alessandra Rüfenacht: Der Übergang ist noch im Gange. Zunächst änderte sich wenig, doch inzwischen sind neue Aufgaben hinzugekommen: Personalgespräche, Budgetplanung, Neuanstellungen und mehr. Diese Tätigkeiten machen mir Spass, und ich profitiere sehr vom regelmässigen Austausch mit meinem Vater und unserem Buchhalter, Chris Ebnöther. Offenheit ist mir wichtig, wenn ich etwas nicht weiss, spreche ich das direkt an und hole mir Rat.

Reto, was gab den Ausschlag für den Führungswechsel?

Reto D. Rüfenacht: Alessandra war bereit, mehr Verantwortung zu übernehmen, und ich wollte ihr keinesfalls im Weg stehen. Es ist ideal, eine Nachfolgerin in der Familie zu haben, die das Unternehmen mit neuen Ideen und Leidenschaft für Lateinamerika weiterführt.

War die Arbeit in der Reisebranche immer dein Ziel?

Alessandra Rüfenacht: Absolut. Zu keiner Zeit wurde ich dazu gedrängt. Ich entschied mich aus freien Stücken für eine Lehre im Reisebüro und habe den Entscheid bis heute nie bereut. Als ich sieben Monate allein durch Lateinamerika reiste, verstärkte sich der Wunsch, mich auch beruflich mit dieser Region auseinander zu setzen. Bei Travelhouse konnte ich daraufhin meine Kenntnisse in der Lateinamerika-Abteilung vertiefen, so dass ich mich danach bereit fühlte, bei Latin America Tours einzusteigen – und jetzt eben auch Verantwortung zu übernehmen.

Reto D. Rüfenacht bei m Perito Moreno Gletscher, Patagonien, Argentinien, Latin America Tours

Reto, wie stark bist du noch in die Geschäftsführung eingebunden?

Reto D. Rüfenacht: Wir haben regelmässige Managementgespräche, bei denen auch Tanael Michel dabei ist. In Bereichen wie Ferienplanung oder Währungsabsicherungen halte ich mich aber komplett heraus. Mein Schwerpunkt ist die Digitalisierung, und die Destinationen Mexiko, Guatemala und Belize betreue ich weiterhin. Für alles andere ist Alessandra zuständig.

Wie läuft das Geschäft bei Latin America Tours?

Alessandra Rüfenacht: Sehr gut, wir hatten bereits einen belebten Sommer und spüren seit einigen Wochen nochmals eine steigende Nachfrage.

Reto D. Rüfenacht: Viele Anfragen zielen bereits auf das nächste Jahr ab. Sobald es draussen früher dunkel und kälter wird, wächst das Interesse an warmen Reisezielen – auch in Lateinamerika.

Welche Ziele stehen besonders hoch im Kurs?

Alessandra Rüfenacht: Costa Rica bleibt ein Dauerbrenner und macht etwa ein Drittel unseres Umsatzes aus.

Reto D. Rüfenacht: Für Familien ist Costa Rica fantastisch – die Tier- und Pflanzenwelt ist einzigartig erlebbar. Viele Unterkünfte bieten Familienzimmer, was ebenfalls zum Erfolg beiträgt.

Man hört vermehrt, dass die Preise in Costa Rica zuletzt spürbar angestiegen seien. Wie präsentiert sich die Situation aktuell?

Alessandra Rüfenacht: Costa Rica ist tatsächlich deutlich teurer geworden, vor allem im High-End-Bereich, wo die Preise mittlerweile teilweise sehr hoch sind. In den touristischen Gebieten bewegt sich das Preisniveau etwa auf dem Level der Schweiz. Für unsere Kundinnen und Kunden stellen wir deshalb häufig ein ausgewogenes Paket zusammen: eine Mischung aus Luxusunterkünften, die etwas mehr kosten, und Mittelklasse-Hotels, wodurch sich die Gesamtkosten der Reise wieder etwas senken lassen.

Reto D. Rüfenacht: Für Reisende mit kleinerem Budget empfehlen wir Nicaragua als grossartige Alternative. Dort erhalten Feriengäste ein ähnliches Erlebnis wie in Costa Rica – aber zu weniger als der Hälfte des Preises. Ausserdem gibt es in Nicaragua Kolonialstädte, die Costa Rica so nicht bieten kann. Das macht das Land noch interessanter.

Alessandra Rüfenacht: Nicaragua und Costa Rica lassen sich auch wunderbar kombinieren. Die Grenze von Nicaragua ist nur etwa anderthalb Autostunden von Liberia entfernt, wohin Edelweiss Direktflüge ab Zürich anbietet. Auch Kombinationen mit Panama sind gut machbar. Wir bemühen uns, die Gäste innerhalb Costa Ricas und ganz Mittelamerikas breit zu verteilen, um die Tourismuslast zu verringern. Häufig lassen sich zudem durch eine kleine Anpassung des Reisedatums bessere Konditionen erzielen.

Gibt es Reiseziele, die zuletzt stark an Beliebtheit gewonnen haben?

Alessandra Rüfenacht: Vor allem Kolumbien hat stark zugelegt. Unser Umsatz dort hat sich innerhalb eines Jahres fast verdreifacht. Besonders profitieren wir von der neuen Edelweiss-Flugverbindung nach Bogotá und Cartagena.

Reto D. Rüfenacht: Auch Belize verzeichnet eine wachsende Nachfrage, unter anderem dank gesteigerter Marketingaktivitäten im deutschsprachigen Raum. Das Schöne daran: Praktisch alle Buchungen aus der Schweiz für Belize landen bei uns, da ich die Destination schon seit fast 30 Jahren anbiete – und auch selbst regelmässig bereise.

Wenn ihr eine neue Flugverbindung ab Zürich nach Lateinamerika wählen könntet – welche wäre das?

Alessandra Rüfenacht: Lima in Peru – eine tolle Destination, in der man viel entdecken kann und wo sich ein mehrwöchiger Aufenthalt lohnt.

Reto D. Rüfenacht: Da stimme ich zu. Peru hat grosses Potenzial. Eine direkte Flugverbindung wäre auch für Menschen aus Peru, die in die Schweiz reisen möchten, interessant.

Reto, du kennst Kuba wie kaum ein anderer in der Schweizer Reisebranche. Wie schätzt du die aktuelle Lage dort ein?

Reto D. Rüfenacht: Ich war beim grossflächigen Stromausfall im Oktober selbst vor Ort – und mein Kuba-Herz blutet. Es ist nicht abzusehen, dass sich die Situation schnell zum Guten wendet. Es brauchte enorme Anstrengungen, um die Reisenden gut zu betreuen. Nichts ist planbar. Das ist sehr kräftezehrend (seufzt).

Wie gefragt ist Kuba als Reiseziel momentan?

Reto D. Rüfenacht: Die Nachfrage ist stark zurückgegangen; wir haben noch etwa halb so viele Reisende dort wie vor zehn Jahren. Was praktisch komplett fehlt, ist das Individualreise-Geschäft. In den besten Zeiten schickten wir bis zu 5000 Touristinnen und Touristen pro Jahr nach Kuba, die eigenständig mit dem Mietwagen unterwegs waren. Heute sind es nur noch ganz wenige. Es gibt erste Anzeichen einer leichten Entspannung, etwa in der Benzinversorgung sowie bei privaten Unternehmern, die in Generatoren und Solaranlagen investieren. Deshalb setzen wir jetzt vermehrt auf private Unterkünfte und fokussieren auf intensive Betreuung, um die Gäste bestmöglich zu unterstützen.

Verschliesst sich die kubanische Regierung dem Rat erfahrener Touristiker komplett?

Reto D. Rüfenacht: Absolut. Die kubanische Politik scheint in einer Parallelwelt zu leben. Mit den Mitteln, die in unnötige Hotelbauten fliessen, könnte problemlos ein funktionierendes Kraftwerk errichtet werden, das die dringend benötigte Stromversorgung sichert. Es ist nicht wirklich nachvollziehbar, was in Kuba derzeit geschieht. Das Land selbst hat von seinem touristischen Reiz nichts eingebüsst, ist weiterhin ein einzigartiges Reiseland, erfordert allerdings derzeit etwas Geduld und Verständnis von unseren Gästen.

Alessandra Rüfenacht: Dennoch kommen 90 Prozent der Menschen, die mit uns nach Kuba reisen, zufrieden zurück. Beschwerden, die uns erreichen, betreffen fast ausschliesslich staatlich bedingte Probleme, auf die wir selbst keinen Einfluss haben.

Zum Schluss ein Blick in die Zukunft: Wie soll sich Latin America Tours weiterentwickeln?

Alessandra Rüfenacht: Wir möchten als Spezialist für Lateinamerika bekannt sein, mit einem Team, das die angebotenen Länder gut kennt. Ziel ist, unsere Produktpalette zu erweitern und dabei gesund zu wachsen – nichts überstürzt, sondern nachhaltig.

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